blick.ch, 24.5.2012 – Als Einziger hat Diego Mathier den Titel «Winzer des Jahres» zwei Mal eingeheimst. Der Salgescher ist ein brillanter Selbstverkäufer. Doch was sind seine Weine wert? Der grosse BLICK-Test.
Von Alain Kunz
Sie kennen die Weine von Mathier – ganz bestimmt. «Adrian & Diego Mathier & Co. – Nouveau Salquenen AG» steht jeweils auf grossen Tafeln an grossen Ständen an allen erdenklichen Messen der Schweiz. Mathier ist einer, der zum Volk geht. Einer, an dem man nicht vorbeikommt. Ob man will oder nicht. Ein Verkäufer vor dem Herrn. Und das zahlt sich aus.
Dabei macht er nicht alles richtig, wie er selbst zugibt. Seine Weinpalette ist riesig. 49 Weine zählen wir. Das ganze Programm: Weiss, Rosé, Rot, Süss- und Schaumweine. Alles da. Man verliert schnell die Übersicht. «Marketingmässig ist das eigentlich ein Blödsinn», sagt Mathier unverblümt. Aber man nehme sich die nötige Zeit, den Kunden die Weine zu erklären. Vorteil: Sie kriegen (fast) jeden erdenklichen Schweizer Wein aus einer Hand.
Insgesamt eine Million Flaschen beträgt die Jahresproduktion der Kellerei aus dem Dorf, das nur aus Kellereien zu bestehen scheint. Für Schweizer Verhältnisse gewaltig viel! Tendenz steigend. Wie die Anzahl Labels. «Die Ideen stehen in meinem Kopf Schlange», sagt der Winzer. «Es wäre doch langweilig, nur einen Wein zu machen. Wir haben zum Beispiel drei Humagne Rouge. Alle haben ihre eigene Stilistik. Das sind drei verschiedene Weine.»
Die Realität zeigt: Die unübersichtliche Palette stört weder Kunden noch Fachleute. Dabei dementiert Mathier, seine Weine kompromisslos an den Kundenbedürfnissen auszurichten. «Wir machen die Weine, die uns gefallen. Das ist wie ein Gemälde. Das gefällt auch nicht allen. Aber ganz sicher einem Menschen: Dir selbst!»
Mathier, der in St. Gallen studiert hat, geht bei seinen Weinen keine Kompromisse ein: «Wir wollen Top-Fachkompetenz haben. Die Arbeit soll perfekt gemacht sein. Deswegen habe ich sechs Mitarbeiter im Weinkeller und drei Ingenieure.» Die Kompromisslosigkeit beginnt im Weinberg. «Ich bin tief im Boden der Walliser Rebberge verwurzelt – und mit der Nase im Glas.» Vor zehn Jahren übernahm Diego den Keller von seinem Vater Adrian, nachdem dieser ihn aus New York zurückgerufen hatte, wo Diego Banker war. Diego erhörte den Ruf – und führte die Kellerei zusammen mit seiner Gattin und Top-Degustatorin Nadia zu ungeahnten Höhenflügen.
Und das nicht nur kommerziell. Über 350 Preise haben ihre Weine schon eingeheimst. Die Trophäen haben im stylishen Degustationslokal schon keinen Platz mehr. Im Wallis wählte man Diego zum Unternehmer des Jahres. Und 2011 wurde er am Grand Prix du Vin Suisse zum zweiten Mal Winzer des Jahres. Kriterium: Die Resultate im Verhältnis zu den eigereichten Weinen. Was bedeutet: Mathiers Weine müssen allesamt ein gewisses Qualitätslevel aufweisen. Mit der Cuvée Madame Rosemarie gewann er zudem in der Kategorie Weisse Assemblagen.
In der «Sonntagszeitung» wurde sein Ambassadeur zum besten Schweizer Pinot-Noir mit Jahrgang 2009 erkoren. Bei der grossen BLICK.ch-Verkostung landete dieses Gewächs auch auf dem Podium: Platz drei hinter Gantenbein und Donatsch. Einzige Enttäuschung für Mathier im abgelaufenen Jahr: dass David Schildknecht, einer der Degustatoren von Wein-Papst Robert Parker, ihn bei dessen erster Visite in der Schweiz schnöde links liegengelassen habe. Dabei seien sie die einzigen mit vier Sternen im Weinführer von Johnson, sagt Mathier.
Auf gehts zum grossen Mathier-Marathon! Das Fazit: Das Grundlevel ist tatsächlich erstaunlich hoch. Und die Spitze absolut toll. Das Credo von Mathier, das jenem einer Genossenschaft ähnelt, bewahrheitet sich. «Je mehr man selektionieren kann, desto besser kann man die Spitze machen!»
Fendant du Ravin 2010: Mineralisch-fruchtige Nase, dezente Süsse, knackige Säure, viel Eigenfrucht, Länge mittel. Score: 16/20 (CHF 12.60)
Molignon (Fendant) 2010: Leichte Mineralität, im Gaumen dominierend, dezent schweflig, kräftig, fruchtig, Länge mittel. Score: 16/20 (CHF 15.--)
Fendant Ville de Sierre 2010: Auch schöne Mineralität, Restsüsse, dezente Säure, viel Chasselas-Typizität, Länge mittel. Guter Apéro-Wein. Score: 16/20 (CHF 15.--)
Humagne Blanche Les Pyramides 2010: Dezente Nase, rechte Säure, Mineralität, Bananen, etwas flach und nicht allzu lang. Score: 15/20 (CHF 23.--)
Johannisberg Weidmannstrunk 2010: Viel Terroir, mineralisch, fruchtig, tolle Länge. Score: 17/20 (CHF 17.20)
Petite Arvine de Molignon 2010: Fruchtige Nase, viel Säure, aber auch Süsse, Lychees, Power. Score: 16/20 (CHF 23.--)
Cuvée Madame Rosmarie weiss 2010 (Foto): Wunderbar fruchtig-geschmeidige Nase, Ananas, Bananen, Power, Süsse, Harmonie und Eleganz, wenig Säure, frisch, tolle Länge. Score: 17/20 (CHF 22.--)
Heida Les Pyramides 2010: Leider zu viel Holz, das den Wein dominiert. Schade, der Rest wäre gut. Score: 15/20 (CHF 23.--)
Muscat La Fiancée 2010: Nussig-typische Nase, leichte Fruchtaromen, üppig, gute Länge. Score: 17/20 (CHF 19.60)
Ambassadeur Fumé Gros Rhin de Chamoson 2010: Holz in der Nase, Vanille, harmonisch im Gaumen, Holz gut eingebettet, stützende Säure, tolle Länge. Wunderbarer Weisser mit Alterungspotenzial. Score: 17/20 (CHF 26.--)
Heida Les Pyramides 2010: Etwas viel Holz, butterig, auch im Gaumen, schöne Robe, rechte Frucht, frisch und lang. Ein holziger Wein. Score: 15,5/20 (CHF 23.--)
Oeil-de-Perdrix La Matze 2010 (Rosé): Sehr frische Nase, rosig, rund, wenig Säure, schöne Süsse und Länge. Score: 16/20 (CHF 16.30)
Gamay Mephisto 2010: Wunderbar chriesiege Nase, Himbeeren, dicht und konzentriert für einen Gamay, süss, Länge mittel. Score: 16,5/20 (CHF 14.30)
Dôle de Salquenen Sang de l’Enfer 2010: Dunkle Noten in der Nase, leichter Schwefel, Pilze, Humus, kräftig, Süsse, harmonisch. Macht Spass. Score: 16,5/20 (CHF 16.30)
Pinot Noir Lucifer 2010 (Foto): Schöne Nase, sortentypisch-fruchtig, dunkel, etwas streng und eindimensional. Score: 15,5/20 (CHF 17.60)
Pinot Noir Nouveau Salquenen 2010: Schöne Nase, süss und fruchtig, frisch und lang. Sehr typisch. Score. 16/20 (CHF 15.60)
Pinot Noir Réserve de Salquenen Les Pyramides 2010: Dezente Nase, weich im Gaumen, rund und harmonisch, leicht störende Säure, Chriesi, Würze, Kraft, gute Länge. Score: 16,5/20 (CHF 23.--)
Grande Réserve de Salquenen (Pinot Noir) 2010: Floral-fruchtig, viel Power, Schmelz, tolle Harmonie und Länge. Score: 17/20 (CHF 25.--)
Pinot Noir de Salquenen Non-filtré Oskar 2010: Ausladend in der Nase, rustikalstallig, leder, erst vegetal, dann viel Süsse, Saft, wenig Eleganz, gute Länge. Score: 16/20 (CHF 20.50)
Cabernet Sauvignon Adrian 2009: Schmelz in der Nase, stinkt leicht, wirkt leicht unsauber, wenngleich stoffig und dicht. Länge gut. Score: 15,5/20 (CHF 30.50)
Humagne Rouge Ferdinand 2009: Grünliche Noten, Laub, Dichte im rauchigen Gaumen, Feuerstein, vegetal, tolle Länge! Score: 16,5/20 (CHF 26.50)
Syrah Diego 2009: Fruchtig, wenig Holz, Alkohol-Noten, Peperoni, strukturierter Gaumen, Säure, vegetal, frisch. Gute Länge. Score: 17/20 (CHF 27.50)
Cuvée Madame Rosmarie rot 2009: Ausladende Fruchtnase, kaum merkliches Holz, rund, elegant, fruchtig, frisch, gute Länge. Score. 16,5/20 (CHF 22.--)
Cornalin Adrian 2009: Wahnsinnsnase mit tollem Früchtebouquet und dezentem Holz, viel Würze - unglaublich! Stoffig im Gaumen, leicht vegetal, Süsse, tolle Länge. Herausragend. Score: 17,5/20 (CHF 30.50)
L'Ambassadeur de Domain Diego Mathier 2009: Die Barriquenoten sind unterschwellig, die Frucht schön, viel Eleganz, die Tannine brauchen noch etwas Reifezeit. Toller Beerenmix, strukturiert, floral, Kirschen, würzig, frisch und lang. Könnte sogar noch zulegen! Score: 18/20 (CHF 36.--)