Von der Kunst (und Lust), den richtigen Wein zu Gerichten von Rindfleisch zu bestimmen
Wine pairing, also die Kunst, oder eigentlich ist es schon beinahe eine Wissenschaft für sich, zu bestimmen, welcher Wein zu welchem Essen passt, ist eine riesige Spielwiese. Das gilt auch für das ursprüngliche Thema, dem sich dieser Blogbeitrag widmet: Welcher Wein passt denn nun wirklich am besten zu Speisen von und mit welchem roten Fleisch. Die Fragestellung impliziert im Grunde aber genommen bereits die Antwort. Denn rotes Fleisch ist eben nicht gleich rotes Fleisch. Das erschliesst sich wohl selbst dem ungeübtesten Betrachter auf Anhieb.
Dass rotes Fleisch nicht gleich rotes Fleisch ist, um den Faden wieder aufzugreifen, heisst auch, dass man nicht guten Gewissens nach dem Giesskannen-Prinzip vorgehen und einfach irgendwelche Rotweine gesamthaft über der riesigen Bandbreite der Speisen von rotem Fleisch – im wahrsten Sinne des Wortes – «ausschütten» kann. Das Ganze gestaltet sich deutlich komplexer und sehr viel diffiziler, soll aber auch nicht in endlosen Romanen und Frustration enden, weil der Leser am Ende des Tages (in diesem Fall dieses Beitrags) möglicherweise nicht den gewünschten, lang ersehnten und erlösenden Hinweis geliefert bekommt (um dann womöglich seinen Frust in einem Glas Wein zu ertränken).
Damit Sie eine erste Idee davon bekommen, wie vielfältig sich die Thematik darstellt: Bei Wine pairing mit rotem Fleisch wird grundsätzlich unterschieden in Rind, Lamm, Wild. Dann muss berücksichtigt werden, ob es sich um mageres oder eher fettreiches Fleisch handelt. Es folgen die verschiedenen Zubereitungsarten. Ein gekochtes Stück Fleisch verlangt nach einem anderen Wein als ein Stück Kurzgebratenes, ein Braten, ein gegrilltes oder ein geschmortes Fleischgericht. Und damit ist das Ende der Fahnenstange bei Weitem nicht in Sicht. Denn je nach (Sättigungs-)Beilagen, und da sind die verschiedenen Variationen von Saucen und Gewürzen/Marinaden auch noch nicht einmal berücksichtigt, gilt es erneut, fein abzustufen und zu unterscheiden. Sie sehen, das Ganze mutet schon fast nach der berühmten Suche nach der Nadel im Heuhaufen an. Sherlock Holmes hätte seine grosse Freude daran gehabt. Wir machen uns trotzdem gleich ans Werk, unterteilen das Thema aber in verschiedene Beiträge. Im vorliegenden Artikel behandeln wir die Kombination von Speisen von Rindfleisch mit Wein. Und in drei weiteren Blogbeiträgen werden wir uns dann den Themen Wein und Lamm, Wein und Wild sowie dem Thema Wein und BBQ widmen.
Wein und Rind – Clash of the titans, oder, wenn Proteine auf Tannine treffen
Wenn es eine Paarung in der Küche gibt, die als ideal beschrieben werden kann, dann sind es Rotwein und Rindfleisch. Das hat verschiedene Gründe, einer davon drängt sich aber ganz besonders in den Vordergrund. Die Rede ist von der perfekten Liaison aus Gerbstoffen und Proteinen. Die Gerbstoffe im Wein, auch als Tannine bekannt, sorgen dafür, dass sich der Rotwein auf Ihrer Zunge oftmals pelzig anfühlt. Nicht zu Unrecht, denn im wahrsten Sinne des Wortes gerben diese Stoffe ihre Zunge und lassen die Oberfläche zusammenziehen, auch als adstringierend bekannt. Doch sobald der Rotwein mit einem Stück Rindfleisch in Kontakt kommt, vollzieht sich jedes Mal auf magische Art und Weise schlichtweg Wunderbares. Die gerade noch so dominanten und aufmüpfigen Gerbstoffe präsentieren sich dank dieser Paarung geradezu handzahm und fügen sich harmonisch in ein vollendetes Genussbild ein. Der Grund dafür sind die Proteine im Fleisch. Sie binden die Gerbstoffe und machen aus dem vermeintlich roten Rebellen einen anschmiegsamen Kater. Und das Beste daran: egal, was Sie kochen, es gilt für alle Küchen dieser Welt!
Darüber hinaus, und bevor wir uns endgültig in die Tiefen des Wine pairings mit Rind stürzen, gibt es noch einige weitere Allgemeingültigkeiten bei der Kombination von Wein mit Rindfleisch, die wir Ihnen gerne vorab mit auf den Weg geben.
Das Salz in der Suppe macht’s, pardon am Fleisch
Möchten Sie, dass ihr gewählter Rotwein mit seinen Fruchtaromen brilliert, dann bringen Sie unbedingt Salz ins Spiel. Alle Rotweine kommen mit einem, mal stärkeren, mal geringeren herben Geschmacksanteil daher, den Tanninen sei Dank. Diesem herben Geschmacksanteil verdankt der Rotwein einen Grossteil seiner Komplexität, aber niemand möchte, dass sich dies ins Negative umschlägt und zu dominant wird. Aus diesem Grund greifen Sie beherzt zum Salz. Es hat, einem Dompteur gleich, einen zähmenden Effekt auf die herben Noten. Es hilft dem Wein, sich in der Robe seiner fruchtigen Noten brillant zu entfalten und zu präsentieren. Es braucht auf Ihrem Gericht von Rind nur ein paar Körner Fleur de sel, um auf spielerisch leichte Art und Weise kräftige Rotweine zur Höchstform auflaufen zu lassen – Sie werden im Geschmack überaus angenehm überrascht sein!
Manche mögen’s heiss, das Rind mag (vor allem) Röstaromen
Schon in der Bibel hiess es Auge um Auge, Zahn um Zahn. Ganz so martialisch geht es in diesem Abschnitt natürlich nicht zu. Ganz im Gegenteil. In unserem Fall sorgt Gleiches mit Gleichem zu vergelten sogar noch dafür, dass sich das Positive verstärkt. Die Rede ist von den Röstaromen. Wenn Sie sich dafür entscheiden, Ihr Stück Rindfleisch als Braten, als Geschmortes oder als Grillgut zuzubereiten, veredeln sie es mit Röstaromen. Diese Aromen entstehen ab ca. 140° Celsius. Der Vorgang, bei dem das Fleisch gebräunt und auf natürliche Art und Weise aromatisiert wird, heisst nach seinem Erfinder, dem französischen Wissenschaftler Louis Camille Maillard (1878-1936) «Maillard Reaktion». Die so gewonnen Rostaromen vertragen sich ganz vortrefflich mit Rotweinen, denen auch Röstaromen mit auf den Weg gegeben wurden. Wie das passiert? Nun, praktisch alle Weine, die im Weinkeller in Barrique- also Eichenholzfässern zur Vollendung herangereift sind, kommen in den Kontakt mit Röstaromen. Der Grund liegt darin, dass die Küfner die Barriquefässer im Inneren vorgängig Stück für Stück ausbrennen, auch als «toasten» bekannt. Im Umkehrschluss bedeutet die Zubereitung von Rindfleisch mit nur leichten Röst- oder Schmoraromen, dass Sie sich für einen Wein entscheiden sollten, der tendenziell eher säurehaltig ist und nur geringe Tannine aufweist. Bei dieser Konstellation harmonieren die Aromen hervorragend mit der Säure und betonen die vorhandenen Tannine. Probieren Sie es aus, und entdecken Sie die jeweilige perfekte Kombination.
Fett ruft nach Power, und Schärfe verlangt nach Sweetness
Zartes und mageres rotes Fleisch vom Rind, beispielsweise ein Filet braucht keinen lauten Gassenhauer neben sich im Glas. Die Feinheit und Zartheit des Filets harmonieren viel besser mit einem gut ausbalancierten Rotwein, der mit deutlich weniger Gerbstoffen daherkommt. Wenn Sie hingegen Ein Stück Fleisch mit höherem Fettanteil zubereiten, braucht es als Begleiter einen kräftigen Rotwein mit einer guten Portion Tanninen, denn das Fett wird die Gerbstoffe deutlich mildern. Ein Wein, der hier zu schmalbrüstig daherkommt, würde im Vergleich hoffnungslos untergehen. Eine ähnliche wechselseitige Abhängigkeit – Gegensätze ziehen sich ja bekanntlich gerne an – ergibt sich auch aus der Schärfe des Zubereitungsgrades der Speise. Je schärfer Sie essen möchten, um so süsser sollte der gewählte Rot-/Wein sein.
Da Rindfleisch vergleichsweise mit einem kräftigeren Geschmack und magerer daherkommt als alle anderen Sorten Fleisch (Wild von älteren Tieren mit dem so genannten «goût sauvage» mal aussen vorgelassen), ist Rindfleisch grundsätzlich prädestiniert für Rotweine. Rotweine mit Gerbsäure und einem höheren oder hohen Alkoholgehalt fühlen sich in der Gegenwart von magerem und zarten Rindfleisch folglich sehr wohl. Zu kurz gebratenem Rindfleisch harmonieren seidige Rotweine während zu Schmorbraten sowohl junge als auch gestandene, gehaltvolle Rotweine zu brillieren wissen.
Weinempfehlungen vom besten Schweizer Weingut des Jahrzehnts
Gericht | Beilage | Weintyp | Wein |
Schmorbraten | Bratkartoffeln, Ratatouille | Fruchtiger Rotwein | Syrah Diego Mathier AOC Valais |
Filet | Gratin dauphinois, Schmorgemüse | Leichter Rotwein mit dezentem Aromenspiel | Pinot Noir Lucifer AOC VS |
Steak | Pommes Frites, Salat | Kräftige, tanninreiche Rotweine | Cabernet Sauvignon Adrian Mathier AOC VS |
Roastbeef | Bratkartoffeln, Remouladensauce | Vollmundiger Rotwein | Cabernet Sauvignon Adrian Mathier AOC VS |
Gekochtes Rindfleisch | Salzkartoffeln, gedämpftes Saisongemüse | Ausnahme: kein Rotwein, sondern ein komplexer Weisswein | Cuvée Madame Rosmarie Mathier weiss AOC VS |
Rindskotelett | Frische, grobe Tomatensauce, Risotto mit Kräutern und Pilzen | Kräftiger Rotwein mit samtigen Tanninen | Folissimo AOC VS |